Sonntag, 7. August 2011

Oberstehrenabend 2011 - Unsere Regentaufe

Jedes Jahr findet 3 Wochen vor dem Neusser Bürgerschützenfest der Oberstehrenabend statt. An diesem Abend wird in der Stadthalle der Oberst (wieder)gewählt, welcher dann seinen Adjutanten ernennt. Anschließend werden Zugjubilare beglückwünscht und der Oberst vom Regiment in einem Umzug durch die Stadt nach Hause gebracht. Für uns war dieser Tag die Feuertaufe - aber leider nicht im wahrsten Sinne des Wortes.
Später mehr dazu.

Zunächst einmal trafen sich die Nordlichter am Clemens-Sels-Museum zum Biwak, ein unserem Oberleutnant Patrick bekannter Jägerzug hat uns relativ kurzfristig Grill- und Sitzasyl gewährt, welches wir dankbar annahmen. Wir haben uns unser Bier und die von unserem Oberleutnant und unserem Spieß höchstpersönlich zubereiteten Hotdogs schmecken lassen und uns wegen des leichten, ab und zu auftretenden Nieselregens keine Sorgen gemacht. Die Chargierten kümmerten sich um Ihre Mannschaft, es wurde Bier getrunken, ein paar letzte Anweisungen gegeben, Bier getrunken, Blümchen und brandneue Corpsnadeln ordentlich am Anzug befestigt, Killepitsch getrunken, die Stimmung war einfach klasse.

Doch es geschah das, was nicht geschehen durfte. Das Programm in der Stadthalle wurde gerade beendet, das Regiment machte sich marschbereit, als das Wasser-in-Luft-Verhältnis anfing geschätzt bei 80% Wasser und 20% Luft zu liegen. Es hatte begonnen wie aus Bottichen zu schütten. Da uns die Wassermassen verwirrten suchten wir zunächst Zuflucht unter Zelten und Bierbudendächern und versuchten uns mit Hilfe von Bier Mut zuzusprechen. Immerhin standen wir ja kurz vor unserem ersten offiziellen Marsch durch die Stadt, in der Filmindustrie nennt man so etwas Weltpremiere. Jeder von uns hoffte inständig, dass es aufhört zu Regnen. Doch Tief Satan machte vielen Zügen einen Strich durch die Rechnung.
Der Wille der Nordlichter war jedoch stark, und als erkannt wurde, dass die Schützenlust bereits marschiert, verließen wir das trockene Zelt und stellten uns dem Regen. Es dauerte einige Zeit bis die Chargierten ihre Wachsfackeln zum Brennen gebracht haben. Als wir uns einreihen wollten standen wir vor einem Problem. Scheinbar haben wir unser Corps verpasst, stattdessen standen wir nun beim Corps der Gilde. Was nun? Egal, denn wenn es Züge gibt, die aus Angst bei Regen einzugehen nicht mitmarschieren, darf ein „Anfängerzug“ sich bei dem ganzen Wetterchaos auch im falschen Corps einreihen. Ein Zug der Gilde ermutigte uns („Kommt einfach rein, ist doch egal!“).

So begann also unser erster Marsch. Und als wir dann zum ersten Mal in der Geschichte unseres Zuges unseren Schlachtruf unter dem Obertor erschallen ließen war es klar: wir bekommen das Ding schon irgendwie geschaukelt. Kurz darauf stockte der Umzug, und uns erreichte die Nachricht, dass auf der Höhe des Landestheaters die Schützenlust gesichtet wurde. Also sprinteten wir los und bildeten scheinbar den Schluss unseres Corps.
Da der Zugweg aufgrund der brechreizerregenden Wetterlage verkürzt wurde, ging es stur geradeaus Richtung Innenstadt. Einmal rechts auf den Markt abgebogen, ein Glied formiert, und schon ist der Vorbeimarsch am Oberst und dem Komitee, welches sich nur wenige Minuten später mangels nachkommender Schützen verflüchtigte, gelaufen.  Apropos verflüchtigen: Tief Satan lachte uns aus und ließ es mitten im Umzug aufhören zu regnen. Arschloch.

Einen Tag später konnte man auf der Internetseite der Neuß-Grevenbroicher Zeitung folgendes lesen:

„Dass im Wetterchaos die große Ordnung verloren ging, sah [Oberst] Sandmann nach. Schützenlust, Hubertusschützen und Gildisten kamen bunt gemischt an ihm vorbei. Der Oberst nannte das „neue“ Korps „Gilde and Friends“. Der erfahrene Schütze Heinz Brings (80) konnte sich an solche Wassermassen zu Oberstehrenabend nicht erinnern: „Dass ein Heimgeleit verkürzt wurde, habe ich noch nicht erlebt.“ Das will was heißen, denn Brings reiht sich seit 56 Jahren bei den Scheibenschützen ein.“

Unser Oberleutnant ließ uns vor dem Zeughaus antreten und äußerte seinen Frust, der jedoch nichts mit der Marschdisziplin seiner Mannschaft zu tun hatte. Nichtsdestotrotz gingen wir auf die Suche nach einem Siegestrunk, schmetterten einige Lieder und kamen schließlich auf der Neustraße an. Kurze Zeit später kamen auch unsere „Windrösken“ dazu und alle tranken gemeinsam auf unsere Feuertaufe, die zur Regentaufe wurde.

Im Laufe des Abends war unser Zug mehrmals in Neuss anzutreffen. Die ältere Generation blieb auf der Neustraße, die jüngere Generation machte sich spontan auf den Weg in den hohen Norden zum Further Hof, und „Simon der Verlorene“ wollte nur kurz seine Freundin abholen (oder so ähnlich). Aufgrund mangelnder Kommunikation verbrachte er den Abend in geselliger Runde an unserem ursprünglich angepeilten Ziel, der Feier vor dem Weißen Haus.

Was wir als Moral mitnehmen können ist die Tatsache, dass wir Nordlichter zwar natürliche Feinde haben, wie z.B. Killerschwäne und Robben. Doch Regen gehört eindeutig nicht dazu. Hoffen wir trotzdem, dass wir so ein Wetter an Oberstehrenabend erst wieder in frühestens 56 Jahren erleben müssen.

Neuss, einen Tag später

Peter Damaschke
Schriftführer & kommissarischer Leutnant

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